Berechtigte Wünsche

Das Wunsch- und Wahlrecht im SGB IX soll die Selbstbestimmung und Eigenverantwortung der Versicherten stärken und gleichzeitig die Motivation fördern. Die Rehabilitationsträger (Kranken- und Rentenversicherung) müssen deshalb das Wunsch- und Wahlrecht der Versicherten bei Vorliegen von berechtigten Wünschen beachten ( §§ 33 Abs. 1 SGB I und 8 SGB IX, 40 Abs. 3 Satz 1 SGB V). Was ist unter berechtigten Gründen und Wünschen zu verstehen?

Einzelfallentscheidung

Die Rehabilitationsträger müssen sich im Rahmen ihrer Ermessensentscheidungen mit den medizinischen Erfordernissen des Einzelfalls, sowie den weiteren Wünschen und Bedürfnissen der Versicherten auseinandersetzen. Berechtigte Wünsche dürfen nicht mit dem Verweis auf das Wirtschaftlichkeitsgebot übergangen werden. Besondere Kooperationen mit einzelnen Kliniken dürfen nicht dazu führen, dass das Wunsch- und Wahlrecht der Versicherten nur im Rahmen der Kooperation ausgeübt werden darf. Die Einrichtungsentscheidung muss bei Ablehnung der ausgewählten Einrichtung für die Versicherten verständlich und nachvollziehbar begründet sein.

Medizinische Gründe

Sofern medizinische Gründe für die Wahl einer Rehabilitations- oder Vorsorgeeinrichtung mit Versorgungsvertrag ausschlaggebend und hinreichend belegt sind, hat der Rehabilitationsträger in ihrer Auswahlentscheidung diesen Wünschen zu folgen (Urteil des LSG Hessen, Az. L 1 KR 2/05). Der Versicherte kann dann einen Rechtsanspruch auf die Behandlung in einer bestimmten Klinik haben, weil sich das sog. Auswahlermessen des Rehabilitationsträgers „auf Null“ reduziert. Medizinische Gründe, die Ärzte für die Auswahl einer bestimmten Reha/Vorsorge-Klinik anführen können, sind zum Beispiel:

  • das medizinische Konzept der Klinik ist geeignet, im konkreten Fall einen Behandlungserfolg zu gewährleisten
  • spezifische Therapie, die in der Klinik vorgehalten wird
  • die subjektive Akzeptanz (psychische Aspekte) der Heilbehandlung durch den Versicherten (hilfreich: eine begleitende Stellungnahme eines Neurologen/ Psychiaters)
  • Erfolg und Wirtschaftlichkeit des medizinischen Gesamtkonzepts (vorbereitende und vorgesehene nachbereitende ambulante Heilbehandlung, z. B. bereits begonnene ambulante Behandlung mit besonderen Therapierichtungen (anthroposophische Medizin, Homöopathie, Phytotherapie))
  • Multimorbidität (Erfordernis der Zusammenarbeit verschiedener Fachabteilungen)
  • Wohnortnähe (z.B. Einbeziehung oder Beteiligung, um Rehabilitationserfolg nicht zu gefährden, Besuchsbedürftigkeit, eingeschränkte Transportfähigkeit)
  • Wohnortferne Unterbringung (Abstand von Angehörigen, Klima)
  • Freiheit von besonderen Barrieren
  • Besondere Struktur- oder Prozessqualität, die im Einzelfall erforderlich ist, um den Rehabilitationserfolg zu gewährleisten

Persönliche Beweggründe

Die Krankenkasse bzw. der Rentenversicherungsträger muss die Wünsche des Versicherten hinsichtlich der Auswahl der Klinik berücksichtigen und angemessenen bzw. berechtigten Wünschen entsprechen. Gesetzliche Grundlage dafür sind §§ 33 Absatz 1 SGB I und 8 SGB IX, § 40 Absatz 3 Satz 1, § 24 Absatz 2 in Verbindung mit § 23 Absatz 5 SGB V

Folgende Aspekte können dabei eine Rolle spielen:

  • persönliche Lebenssituation (Alter, Geschlecht, Familie, religiöse und weltanschauliche Bedürfnisse, besondere Bedürfnisse behinderter Mütter und Väter sowie behinderter Kinder)
  • muttersprachliche Therapieangebote
  • örtliche Verhältnisse (z. B. Wohnortnähe zur Einbeziehung oder Beteiligung, um Rehabilitationserfolg nicht zu gefährden; wohnortferne Unterbringung, um Abstand von Angehörigen zu gewährleisten)
  • bisherige Erfahrungen des Versicherten mit der Wunschklinik

Für die Begründung der Wunschklinik kann das Verordnungsformular genutzt werden. Daneben besteht die Möglichkeit, eine ausführlichere Begründung als Anlage dem Antrag beizufügen.