BDPK-Bundeskongress 2023

Fortschritt antreiben statt bremsen

Klinikvertreter:innen diskutierten Anfang Mai in München mit der Politik und den Kostenträgern über die anstehenden politischen Weichenstellungen. Die privaten Klinikträger machten dabei klar, dass sie eine wettbewerbsfeindliche Gesundheitspolitik ablehnen.

Die anstehende Krankenhausreform und das Verfahren der Vergütungsverhandlungen der Reha- und Vorsorgeeinrichtungen waren die beiden zentralen Themen beim diesjährigen BDPK-Bundeskongress, der aus Anlass des 75-jährigen Jubiläums des Verbandes der Privatkrankenanstalten in Bayern e.V. (VPKA) am 8. Mai 2023 in München stattfand. Verbindendes Element der Vorträge und Diskussionen zu beiden Bereichen war die Überzeugung der privaten Klinikträger, dass eine wettbewerbsfeindliche Grundhaltung in der Gesundheitspolitik abzulehnen ist. „Der Wettbewerb ist nicht der Feind des Patienten, sondern sein engster Verbündeter“, erklärte BDPK-Präsidentin Dr. Katharina Nebel in ihrer Begrüßungsrede.

Die Wahlfreiheit zwischen mehreren Anbietern sei ein wichtiger Wert der Gesundheitsversorgung, da der Wettbewerb die Kliniken permanent antreibe, besser zu werden, und Innovationen fördere. Bei der geplanten Krankenhausreform sollten deshalb mehr Anreize und Freiräume für bessere Behandlungsqualität und Effizienz geschaffen werden. Damit würde eine wirksamere und nachhaltigere Modernisierung der Gesundheitsversorgung erreicht als durch bürokratische Beschränkungen und kleinteilige Reglementierungen.

In der Diskussion zur Krankenhausreform machten die Klinikvertreter deutlich, dass die Reform sich nicht wie vorgesehen an der Größe und der Zahl der Fachabteilungen der Krankenhäuser orientieren dürfe, sondern vielmehr an ihrer Spezialisierung und der Qualität der Behandlungsprozesse. BDPK-Vizepräsident Thomas Lemke, Vorstandsvorsitzender (CEO) der Sana Kliniken AG, appellierte an den Gesetzgeber, die Gesundheitsversorgung nicht weiter mit negativen Restriktionen regulieren zu wollen, sondern stattdessen ein positives Anreizsystem zu schaffen: „In die Förderrichtlinien der Bundesländer gehören Anreize zur Ambulantisierung. Wenn es nur um Betten geht, gelingt keine Änderung der Strukturen“, so Lemke. BDPK-Vorstandsmitglied Kai Hankeln, Vorstandsvorsitzender (CEO) der Asklepios Kliniken GmbH & Co. KGaA, stellte fest: „Alle Beteiligten müssen akzeptieren, dass Produktivität und Effizienz wichtig sind. Wir brauchen landkreisbasierte Strukturänderungen und kleinere Kliniken sollten in ambulante Zentren umgewandelt werden. Alles andere wäre eine Werteverschwendung!“

Zusage des Bundesgesundheitsministers

Dass die Anliegen der Krankenhäuser und Reha-/Vorsorgeeinrichtungen ernst genommen werden, versprach Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach in einer Videobotschaft an die Kongressteilnehmer:innen: „Die Kliniken werden in Zukunft besser abgesichert. Wir tragen dafür Sorge, dass keine wegen Insolvenz vom Netz gehen wird.“ Ähnlich äußerte sich in der Podiumsdiskussion auch Prof. Dr. Tom Bschor, Leiter der Regierungskommission für eine moderne und bedarfsgerechte Krankenhausversorgung. In den Empfehlungen der Regierungskommission komme das Wort „Schließung“ nicht vor, versicherte er. Zudem seien die Kommissionsmitglieder nie davon ausgegangen, dass ihre Vorschläge eins zu eins in einer Reform umgesetzt würden. Dass es sich bei den Kommissionspapieren um „vorsichtige perspektivische Empfehlungen“ handele, machte er am Beispiel der Fachkrankenhäuser deutlich: „Fachkrankenhäuser sind absolut relevant für die Versorgung in Deutschland. Sie sollen nicht abgerissen und an anderer Stelle wieder aufgebaut werden“, so Bschor. Für den Bereich der Psychiatrie sei in absehbarer Zeit eine eigene Stellungnahme der Regierungskommission zu erwarten.

Dass die Kommissionsempfehlungen kein Dogma für die Reform seien, bekräftigte auch Dr. Christos Pantazis, Mitglied im Bundestagsausschuss Gesundheit und krankenhauspolitischer Sprecher der SPD-Fraktion, der dem Kongress online zugeschaltet war. Er berichtete, dass derzeit über die Einführung eines eigenen „Levels F“ für Fachkrankenhäuser diskutiert würde. Bernhard Seidenath, Gesundheitspolitischer Sprecher der CSU-Fraktion und Vorsitzender des Ausschusses für Gesundheit und Pflege im Bayerischen Landtag, machte klar, dass die Bundesländer die Reform mitentscheiden werden. Sie könnten zwar Empfehlungen vom Bund entgegennehmen, am Ende müsste es aber regionale Entscheidungen geben.

Eine wissenschaftliche Außenansicht auf den aktuellen Reformprozess in Deutschland gab den Kongressteilneh- mer:innen Prof. Stefan Scholtes von der Cambridge Judge Business School in einem Kurzvortrag. Laut einer Grundformel für das Changemanagement stehe am Anfang einer Neuordnung die „geteilte Unzufriedenheit“ aller Beteiligten. Aus ihr folge die konsentierte Formulierung langfristiger Ziele und darauf aufbauend die schrittweise und einvernehmliche Umsetzung der Maßnahmen. Nach Scholtes Bewertung wird dieses Prinzip bei der deutschen Krankenhausreform nur ansatzweise befolgt, deshalb bestehe in der politischen Vorgehensweise Optimierungsbedarf.

Vergütung dringend reformbedürftig

Den zweiten Kongressteil eröffnete BDPK-Vorstandsmitglied Dr. York Dhein, Vorstand (COO) der Mediclin AG, mit einem deutlichen Appell an die Politik: „Ebenso wie die Krankenhäuser befinden sich die Reha-Einrichtungen wegen der jahrelangen Unterfinanzierung in einer prekären Situation und stehen vor einem kalten Strukturwandel mit drohenden Schließungen. Deshalb ist es dringend erforderlich, die Reha mit in die Diskussion um die Krankenhausreform zu nehmen.“ Die bestehenden massiven Liquiditätsprobleme und der enorme Kostendruck seien deutliche Zeichen dafür, dass das bestehende Reha-/Vorsorge-Vergütungssystem dringend reformbedürftig ist. Die aufwendigen Vergütungsverhandlungen mit unterschiedlichen rechtlichen Rahmenbedin- gungen der Deutschen Rentenversicherung sowie der Gesetz- lichen Krankenversicherung seien unzeitgemäß und zermürbend. Einen wesentlichen Anteil an der zunehmend desolaten finanziellen Lage der Rehabilitations- und Vorsorgeeinrichtungen hätten die konfliktreichen Verhandlungen mit den einzelnen Krankenkassen. Die Kliniken müssten sich deshalb bereits vor Beginn der Verhandlungen auf den Gang zu den Schiedsstellen einstellen und vorbereiten. Daran anknüpfend stellte Dr. Laura Mayer von der Anwaltskanzlei Seufert die rechtlichen Rahmenbedingungen und Herausforderungen des Schiedsstellenverfahrens dar und Dr. Norbert Hemken, Geschäftsführer Reha-Zentrum am Meer, erläuterte anhand eigener Erfahrungen praktische Handlungswege.

In der anschließenden Diskussion schilderte Prof. Dr. Claus Loos, Vorsitzender der Reha-Schiedsstelle in Bayern, das Problem der fehlenden gesetzlichen Grundlagen für Vergütungsverhandlungen. Er schaue mit Spannung auf die sich in der Entstehung befindenden Rahmenempfehlungen, die auch Grundsätze der Vergütung regeln sollen. Die Diskussion machte deutlich, dass die Anrufung der Schiedsstellen eine schnelle außergerichtliche Entscheidung bringen und den langen und mühsamen Weg über die Sozialgerichte ersparen soll. Klagen gegen Schiedsstellenentscheidungen sind mit dem Risiko der aufschiebenden Wirkung verbunden, was aufgrund der aktuellen Gesetzgebung zulasten der Reha-Einrichtungen geht und sie in weitere finanzielle Bedrängnisse bringt. Die BDPK-Mitgliedseinrichtungen appellierten deshalb bei ihrem Bundeskongress an den Gesetzgeber, die „auf- schiebende Wirkung“ abzuschaffen.

Den geselligen Abschluss des BDPK-Bundeskongresses 2023 bildete eine gemeinsame Abendveranstaltung im Münchener Hofbräuhaus, zu der der VPKA Bayern eingeladen hatte. Daran nahm auch der bayerische Gesundheitsminister Klaus Holetschek teil und richtete ein Grußwort an die Gäste. Am darauffolgenden Tag fand die geschlossene BDPK- Mitgliederversammlung statt, bei der nach intensiven Aussprachen Beschlüsse zu verschiedenen Sachthemen getroffen wurden.