Die Krisen geben sich die Klinke in die Hand

Die Krankenhäuser, Rehabilitations- und Vorsorgeeinrichtungen schöpften schon Hoffnung: Trotz coronabedingter Vorschriften, wie Maske tragen, Impfen und Testen sowie drohender Beschäftigungsverbote für die nicht geimpften Mitarbeiter:innen, schien das Ende der Corona-Pandemie absehbar. Die Rückkehr in die Normalität war verlockend nah. Dann aber geschieht das Unvorstellbare: Russland beginnt im Februar 2022 mit einem großangelegten militärischen Überfall auf die Ukraine. Mitten in Europa herrscht Krieg. Während die Menschen in der Ukraine zu Tausenden aus ihrem Land fliehen müssen, schwere Kriegsverletzungen erleiden oder gar sterben, beschwert sich die Bevölkerung in Deutschland über scheinbar Banales wie die wirtschaftlichen Auswirkungen des Krieges, Preissteigerungen im Energie- und Lebensmittelsektor.

Dennoch müssen diese enormen Preissteigerungen infolge des russischen Angriffskriegs in diesem Geschäftsbericht Erwähnung finden. Denn es ist überwiegend nicht gelungen, die Preise für die Behandlung in Krankenhäusern, Rehabilitations- und Vorsorgeeinrichtungen an die massiv gestiegenen Einkaufspreise für Energie, Lebensmittel sowie für medizinische Sachkosten anzupassen. Die Leistungserbringer werden mit den massiven Kostensteigerungen allein gelassen und in eine dramatische wirtschaftliche Lage manövriert. Kein Tag vergeht, an dem nicht irgendein Krankenhausträger ein Rekorddefizit vermeldet. Ja, unsere Bundesregierung hat einen Schutzschirm für die inflationär gestiegenen Energiepreise gespannt, von dem auch Krankenhäuser, Rehabilitations- und Vorsorgeeinrichtungen profitieren können. Doch praktische Relevanz und wirkliche Hilfe bleiben überschaubar. Obwohl sich die Kosten verdreifacht bis vervierfacht haben, liegen sie immer noch unter den Schwellenwerten der Schutzschirme. Insofern helfen die Unterstützungsmaßnahmen den Einrichtungen kaum. Zugesagte Entlastungen aufgrund einer fast zehnprozentigen Inflation hat unsere Bundesregierung den Kliniken bislang nicht zukommen lassen. Und so steigt täglich die Zahl der Kliniken, die ihre wirtschaftliche Substanz verzehren. Kliniken, die kürzlich noch positive Ergebnisse vermelden konnten, verzeichnen plötzlich Defizite.

Hilfe verspricht unsere Bundesregierung mit einer gigantischen Krankenhausreform, die auf der Agenda unseres Bundesgesundheitsministers steht. Die Lösung scheint einfach, aber nur vordergründig überzeugend. Es werden strenge Strukturvorgaben für Krankenhäuser definiert, nach denen sie in sogenannte Krankenhauslevel eingeteilt werden. Diesen Krankenhaus-Leveln sind Leistungsgruppen zugeordnet, die nur die Krankenhäuser im jeweiligen Versorgungslevel erbringen dürfen. Eine Vielzahl von Krankenhäusern wird dem Versorgungslevel Ii zugeordnet. Dabei handelt es sich um integrierte ambulant-stationäre Versorgungszentren in der Region, die nicht unter ärztlicher Leitung stehen müssen, weil ihnen nur einige wenige Leistungsgruppen zugewiesen sind.

Von derzeit rund 1.700 Krankenhäusern blieben dann nur rund 230 echte Krankenhäuser in den Level II und III übrig, die die Versorgung der Bevölkerung sicherstellen sollen. Nach Vorstellung des Gesundheitsministers ließen sich so im System und ohne nennenswerte Mehrausgaben alle finanziellen Probleme der Krankenhäuser lösen, denn das Geld würde auf die wenigen verbleibenden Krankenhäuser verteilt. Auch Personalprobleme wären dadurch gelöst, denn die Krankenhäuser im verbleibenden Level I (n und i) brauchen deutlich weniger Personal, welches dann an die anderen Krankenhäuser im Level II und III wechseln kann. Dazu soll ein Teil der DRG-Erlöse durch sogenannte Vorhaltepauschalen abgelöst werden. Die Zielsetzung ist, die Krankenhäuser von ihrem ökonomischen Druck zu befreien. „Endlich,“ so der Minister, „erhält die Medizin wieder Vorrang vor der Ökonomie“.

Doch hat der Bundesminister die Rechnung ohne die für die Krankenhausplanung zuständigen Bundesländer gemacht. Die ambitionierten Reformpläne stoßen auf großen Widerstand und Unverständnis bei den meisten Bundesländern. Vor allem deshalb, weil sich offensichtlich niemand aus der Regierungskommission und dem Bundesgesundheitsminitserium wirklich Gedanken über die Auswirkungen in den Bundesländern gemacht hat. Welche Krankenhäuser bleiben übrig, welche Leistungsangebote bleiben in den Regionen erhalten und vor allem, welche fallen weg und wie sehen die Behandlungsalternativen aus? Der sportliche Reformplan gerät ins Stocken und die dringend notwendigen finanziellen Hilfen für die Kliniken bleiben aus. Die Kliniken berichten, dass sie sich fühlen, als würden sie für die Reformpläne des Ministers in Geiselhaft genommen. Dies sei das Gegenteil der Befreiung der Kliniken vom wirtschaftlichen Druck.

Neue rechtliche Grundlagen für die medizinische Rehabilitation

Der hohe wirtschaftliche Druck durch gestiegene Preise hat auch massive Auswirkungen auf die Rehabilitations- und Vorsorgeeinrichtungen. Trotz eines schriftlichen Appells des Bundesgesundheitsministers an die gesetzlichen Krankenkassen ist bisher keine Bereitschaft erkennbar, dieser außergewöhnlichen Situation angemessen Rechnung zu tragen. Zum Teil werden die Verhandlungen von den Krankenkassen bewusst verzögert und die Kliniken zum Gang in die Schiedsstellen gezwungen. Damit geht ein kaum zu verkraftender Zeitverlust einher.

In der gesetzlichen Rentenversicherung steht die Umsetzung der verbindlichen Entscheidungen an, die zum 1. Juli 2023 in Kraft treten sollen. Ganz konkret werden nun die Rehabilitationseinrichtungen aufgefordert, die Zulassung erneut zu beantragen. Bedingung dafür ist unter anderem die Anerkennung eines Belegungsvertrages, der in weiten Teilen nicht die Akzeptanz der Rehabilitationseinrichtungen findet. Besonders dramatisch aus unserer Sicht ist die Tatsache, dass die Rehabilitationseinrichtungen ein Vergütungssystem anerkennen müssen, dass in weiten Teilen weder konzipiert ist noch den Kliniken Gewissheit gibt, mit welchem Vergütungssatz sie zukünftig rechnen kann. Die Idee ist die Vereinheitlichung der Preise für vergleichbare Einrichtungen, was zu deutlichen Umverteilungen führen kann. Niemand würde als Privatperson solche Erklärungen abgeben, in denen wesentliche Bedingungen völlig unklar sind. Aus diesem Grund hat der BDPK ein Rechtsgutachten in Auftrag gegeben, dass sich mit der juristischen Wertung dieser Vorgehensweise auseinandersetzt und erhebliche Kritik sowohl an den gesetzlichen Grundlagen aber auch an der hoheitlichen Umsetzung durch die DRV zum Ausdruck bringt.

Dank an die Mitglieder

Über die immer wieder sehr zeitkritischen Abstimmungsfragen hätten alle Mitarbeitenden in den Gremien des BDPK ausreichend Grund, sich zu beklagen. Das haben sie aber nicht getan. In konstruktiver und kollegialer Art und Weise tragen die Mitglieder des BDPK mit Sachverstand zu einer zügigen Positionierung bei und machen die Verbandsgeschäftsstelle verhandlungsfähig. Dafür gilt Ihnen allen unser herzlicher Dank!

Es bleibt viel zu tun in bewegten Zeiten. Der BDPK wird sich mit ganzer Kraft konstruktiv den kommenden Herausforderungen stellen.

Dr. med. Katharina Nebel             Thomas Bublitz
Präsidentin                                        Hauptgeschäftsführer