Gesundheitsreform - Am Patienten orientieren

Die neue Bundesregierung will nach dem Titel ihres Koalitionsvertrages auch in der Gesundheitspolitik „Mehr Fortschritt wagen!“. Wie dieser Fortschritt aussehen könnte, zeigen ein „Werkzeugkoffer“ des BDPK und innovative Versorgungsbeispiele, die eines gemeinsam haben: Sie sind vom Patienten aus gedacht.

Wohin steuert die Gesundheitspolitik? Darüber weiß man bisher nicht viel mehr als bei der Veröffentlichung des Koalitionsvertrages vor rund einem halben Jahr. Bekannt ist, dass es im Bundesgesundheitsministerium (BMG) eine „Vorhabenplanung“ gibt, die der „strengen Trennung von Sektoren“ mit „innovativen Ideen“ begegnen will, indem „wir die Schnittstellen ein Stück weit schließen“, wie BMG-Staatssekretär Edgar Franke beim DKG-Krankenhausgipfel im März erklärte. Zudem habe die Krankenhausreform „absolute Priorität“, sie soll „modern“ und „bedarfsgerecht“ werden. Eine Regierungskommission soll Leitplanken für eine auf Leistungsgruppen und Versorgungsstufen basierende und sich an Kriterien wie der Erreichbarkeit und der demografischen Entwicklung orientierende Krankenhausplanung erarbeiten. Außerdem soll sie Empfehlungen für die Weiterentwicklung der Krankenhausfinanzierung geben, die „das bisherige System um ein nach Versorgungsstufen (Primär-, Grund-, Regel-, Maximalversorgung, Uniklinika) differenziertes System erlösunabhängiger Vorhaltepauschalen ergänzt“.

Werkzeugkoffer ab Ende Mai 2022 online

Vor diesem Hintergrund hat der BDPK einen „Werkzeugkoffer“ entwickelt, der auf seinen im Sommer 2021 vorgestellten gesundheitspolitischen Positionen basiert und bis Ende Mai 2022 auf der BDPK-Website (www.bdpk.de) veröffentlicht wird. Mit seinen praktischen und konkreten Empfehlungen will sich der BDPK lösungsorientiert in die politische Debatte über die Struktur- und Finanzierungsreformen im Gesundheitssektor einbringen. Im Mittelpunkt steht dabei die Patientenorientierung, mit der nach Auffassung der privaten Klinikträger der Fokus auf die Qualität der Leistungen gerichtet wird.

Beispiel: IGiB-StimMT der Sana Kliniken

Zu den Inhalten des BDPK-Koffers gehört auch das gemeinsam mit Prof. Dr. Boris Augurzky, Leiter des Kompetenzbereichs Gesundheit am RWI – Leibniz-Institut für Wirtschaftsforschung, entwickelte Versorgungsmodell der „Regionalen Gesundheitsbudgets“. Dass dieser Vorschlag in die richtige Richtung weist und praxistauglich ist, zeigt das von den Sana Kliniken in Templin (Brandenburg) realisierte Projekt „IGiB-StimMT“, für das inzwischen auch der Innovationsausschuss des Gemeinsamen Bundesausschusses (G-BA) eine Empfehlung für eine Überführung in die Regelversorgung ab- gegeben hat. Bei IGiB-StimMT werden die regionalen Versorgungsstrukturen und -prozesse im Mittelbereich Templin bedarfsorientiert und regionalspezifisch auf die veränderten Bedingungen des demografischen Wandels angepasst. Dafür wurde ein ambulant-stationäres Zentrum in Templin aufgebaut. In diesem werden die stationären und ambulanten Versorgungskapazitäten angepasst sowie fach- und einrichtungsübergreifend miteinander verzahnt. Das geschieht auf mehreren Ebenen und umfasst die niedergelassenen Arztpraxen, das Krankenhaus und die pflegerische Versorgung, ergänzt um den Aufbau eines Koordinierungs- und Beratungszentrums zur individuellen Beratung und Unterstützung von Patienten. Das Projekt integriert ambulant, stationär und Pflege sowie weitere Versorgungsangebote. Die Evaluation berücksichtigt diese Vielschichtigkeit.

Beispiel: C4U2BE der Helios Kliniken

Ebenso wie bei IGiB-StimMT steht die Patientenorientierung auch bei einem im April 2022 vorgestellten Projekt der Helios Kliniken im Mittelpunkt. „Care for you to be“ (C4U2BE) oder kurz CUBE macht Diagnostik wie Röntgen, Ultraschall, Blutdruck- und Augendruckmessung in einer physischen Einheit verfügbar. Als Walk-in-Lösung oder nach dem digitalen Erstkontakt mit einem Telearzt via Videosprechstunde können Menschen im CUBE notwendige medizinische Untersuchungen unter Anleitung von Fachkräften durchführen. Die Ergebnisse werden kooperierenden Ärzt:innen über eine App direkt zur Verfügung gestellt, sodass direkt im Anschluss an den Besuch in einem CUBE eine weiterführende Therapie begonnen werden kann.
Dabei ist der CUBE flexibel überall aufstellbar, beispielsweise in Einkaufszentren oder als separate Lösung. So können unter anderem Herz-Kreislauf- sowie Lungenerkrankungen und Diabetes medizinisch überwacht und behandelt werden. Der CUBE enthält als mobiler und weltweit flexibel adaptier- barer medizinischer Komplex flexibel adaptierbare digitale, telemedizinische und physische Einheiten. Er kann weltweit dort errichtet werden, wo Menschen bislang keinen ausreichenden Zugang zu medizinischer Versorgung haben. „Oft fehlen die notwendigen finanziellen Mittel und qualifi- ziertes Personal, um lokal eine eigene medizinische Infrastruktur flächendeckend aufzubauen. CUBE bietet genau das: Aus unserem bestehenden Netzwerk von medizinischen Experten transportieren wir Qualitätsmedizin digital in die Welt. Dadurch sind vor Ort nur geringe minimale Investionen in die technische Infrastruktur erforderlich“, erklärte Dr. Francesco De Meo, CEO von Helios Health.